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EINFÜHRUNG

Die Bedeutung unseres kulturellen Erbes bleibt oft verborgen. Die Forschungsgruppe Visual Narrative der Hochschule Luzern – Design Film Kunst erforschte im Projekt ‹Mediale Inszenierung von Kulturerbe – erleben zwischen analog und digital›, wie Kulturerbe, Denkmäler und lebendige Traditionen der Zentralschweiz interaktiv gestaltet und erzählerisch über mobile Technologien einem breiteren Publikum näher gebracht werden können.

Mit der stetig zunehmenden Nutzung von digitalen Medien in den Bereichen Bildung und Freizeit bieten sich spannende Möglichkeiten für die Aktivierung und insbesondere Vermittlung von Kulturerbe. Das Projektteam entwickelte in diesem Zusammenhang Lösungsansätze, wie bildhafte Beiträge zu Kulturerbe gesammelt, gestalterisch aufbereitet und mittels digitaler Medien einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden können.

Mit dem Abschluss des Projekts werden die Lösungsansätze und Erkenntnisse aus dem Projekt mit der vorliegenden Webseite als Sammlung und 'Methoden-Toolbox' für Kulturinstitutionen und interessierte Praktizierende zugänglich gemacht.

PROJEKTVERLAUF


Im Rahmen des Projekts wurden in vier Teilprojekten Praxiswissen zur Vermittlung im analog-digitalen Raum gesammelt und Konzepte für prototypische Anwendungen zu den Themen Denkmal, historische Architektur und lebendige Tradition entwickelt. Die Anwendungen konnten – in unterschiedlichem Grade – für mobile Geräte realisiert und auf ihre Anwendbarkeit hin mit Zielgruppen evaluiert werden. Zur Sammlung des Praxiswissen führten wir Interviews mit verschiedenen Expertinnen und Experten durch. Dabei interessierten uns diverse Zugänge auf die mediale Vermittlung von Kulturerbe in räumlichen Situationen. Vom Klangkünstler bis zur Museumsvermittlerin wurde ein möglichst grosses Spektrum von Stimmen gesammelt und in sechs verschiedenen Themen bzw. Fragestellungen gebündelt. Die vorliegende Webseite fasst die Resultate in sechs Kurzfilmen zusammen und zeigt anhand der exemplarischen Prototypen aus den Teilprojekten, wie die mobile-digitale Vermittlung konkret umgesetzt werden kann.

Das Projekt in Phasen

In einer ersten Phase wurden die Bedürfnisse und Erwartungen der Stakeholder in Gesprächen und Diskussionen evaluiert und Fokus auf das Nutzungsverhalten der erwarteten Zielgruppen gelegt. Gemeinsam mit Themen-Expertinnen erarbeiteten wir in der Phase 2 Ideen, Konzeptvorschläge und mögliche Settings für die Umsetzung.
In der anschliessenden Phase 3 definierten wir Themen und methodischen Konzepte für diese Umsetzungsszenarien. In der Diskussion im Projektteam wurde klar, dass es zielführender sein wird, thematische Schwerpunkte zu setzen und diese in kleineren Teams zu fokussieren. Entsprechend wurden Teilprojekte zu den Themen Praxiswissen zu analog-digitalen Vermittlungsformaten, Monumente (Löwendenkmal), Historische Bauten (Museggmauer und Rothenburgerhaus) und Lebendige Traditionen (Köhlerei) definiert und in den Folgephasen in kleineren Teams weiter bearbeitet. Dazu mehr im nachfolgenden Abschnitt 'Themenschwerpunkte im Fokus der Teilprojekte'.

In der vierten Phase standen die gestalterischen Experimente im Fokus, in welchen für die Teilprojekte unterschiedliche Entwürfe konzipiert und Prototyp-Konzepte für mobile Anwendungen in iterativen Schritten entwickelt wurden. Gleichzeitig erfolgte die Planung und Durchführung der Interviews mit Expertinnen und Experten, welche die Methoden-Toolbox mit Praxiswissen erweitert.
Die nachfolgende Phase 5 widmete sich der Konkretisierung, in welcher die vielversprechendsten Ideen als funktionierende Entwürfe (Prototypen) umgesetzt und mit Personen der Zielgruppe(n) evaluiert wurden. Zugleich erfolgte die Entwicklung der Schnittstelle und Integration der Prototypen in die Methoden-Toolbox.
Abschliessend wurden in Phase 6 und 7die Erkenntnisse aus dem Forschungs- und Designprozess für die Methoden-Toolbox medial aufbereitet, dokumentiert und als webbasierten Leitfaden gebündelt.

Themenschwerpunkte im Fokus der Teilprojekte

In der Phase 3 wurden die erwähnten thematischen Inhalte und methodischen Vermittlungskonzepte definiert. Gemäss Projektvereinbarung legten wir den thematischen Fokus auf materielles und immaterielles Kulturerbe unter besonderer Berücksichtigung historischer Bauten und Anlagen. Die Wahl fiel aufgrund der Zugänglichkeit und historischen Bedeutung auf die Museggmauer (Architektur) und das Löwendenkmal (Denkmal) in der Stadt Luzern. Hinsichtlich dem immateriellen Kulturerbe wurde die Köhlerei im Entlebuch fokussiert, da das Forschungsteam einen starken Bezug zu den Praktizierenden dieser lebendigen Tradition hat. Ergänzt wurden der thematische Schwerpunkt der Köhlerei um den Subkontext ‚Materialität‘‚ d.h. Objekte welche in ihrer materiellen Beschaffenheit im Zusammenhang mit dem Kulturerbe stehen und als Träger multisensorischer Information funktionieren. Dazu gehören beispielsweise Werkzeuge, die zur Bearbeitung von Sandstein dienen (als Verbindung zur Bausubstanz der Museggmauer und des Löwendenkmals), aber auch Holzkohle, welche aus der Köhlerei gewonnen wird und bei der Eisenschmelze wiederum zur Herstellung von Werkzeugen dient.

ERKENNTNISSE

Nachfolgend sollen die erreichten Projekterkenntnisse kurz rekapituliert und in gegenseitigen Zusammenhang gestellt werden.

Entwicklung eines Leitfadens (Methoden-Toolbox)
Der Leitfaden beinhaltet das aufgearbeitete Praxiswissen aus den Interviews mit den Expertinnen und Experten, die Darstellung geeigneter Vermittlungsansätze anhand prototypischer Anwendungsbeispiele und die Kurzzusammenfassungen der Erkenntnisse aus den Teilprojekten.
Wir hatten den Leitfaden von Beginn an als Online-Publikation in der Form einer anpassbaren Webseite geplant. Diese nun vorliegende webbasierte Methoden-Toolbox stellt die Erkenntnisse aus dem Projekt zum Thema der narrativen Vermittlung mit Technologien für die Zielgruppe möglichst praxisnah dar. Die im Projekt untersuchten analog-digitalen Vermittlungsformate sollten für die Zielgruppe (bspw. Kulturinstitutionen) direkt ‚erfahrbar’ umgesetzt werden, um so nicht in der Abstraktion behaftet zu bleiben. Durch diese nahbare Demonstration über ein zeitgemässes Format kann bei der Zielgruppe ein tieferes Verständnis für die Vor- und Nachteile von solchen digitalen Anwendungen generiert und durch die ‚interaktive’ Lernerfahrungen eine kritische Auseinandersetzung ermöglicht werden. Das gesammelte Praxiswissen der Expertinnen und Experten wurde entsprechend nicht als schriftliche Dokumentation festgehalten, sondern medial aufbereitet als fokussierte Kurzfilme zu konkreten Vermittlungs-Fragen in der Methoden-Toolbox zugänglich gemacht.

Exemplarische Umsetzung (Prototypen)
Um das Potential unterschiedlicher Darstellungsformate (Augmented Reality, Audio, 360°- und Kürzestfilmformat, 3D Darstellungen) und der multimodalen Funktionalitäten von mobilen Technologien für die Zwecke der digital-analogen Inszenierung von Kulturerbe zu evaluieren, wurden in Teilprojekten unterschiedliche Konzepte für die mobile Vermittlung vor Ort, wie auch für die Rezeption am Desktop exemplarisch umgesetzt.

Folgende Anwendungen konnten für mobile Geräte als exemplarische Prototypen realisiert und – in unterschiedlichem Grade – auf ihre Anwendbarkeit hin mit Zielgruppen evaluiert werden:

Augmented Revolution Experience (ARE): Für die digital-analoge Inszenierung des Löwendenkmals wurde in Zusammenarbeit mit dem historischen Museum Luzern eine App entwickelt um verschiedene Vermittlungsaspekte und künstlerische Interventionen mittels Augmented Reality (AR) zu untersuchen. Die Anwendung wurde in Workshops mit Expertinnen und Experten vor Ort getestet und evaluiert. Die ARE-App steht seit November 2020 kostenlos als Download für iOS Geräte zu Verfügung.

Augmented Memories : Eine poetische Quartierführung zu historischen Bauten in der Stadt Luzern, welche über mobile AR-Erlebnisse auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet war. Diese Anwendung wurde im Dialog mit der Denkmalpflege Luzern entwickelt und anschliessend in einem Workshop mit Mitarbeitenden kritisch evaluiert.

Museggmauer AudioWalk : In diesem narrativen Audio-Guide zur Museggmauer steht das architektonische Baudenkmal als Lebensraum mit den alltäglichen Erfahrungen und Erzählungen von Personen im nahen Umfeld im Fokus. So wird Besuchenden die Gegenwartsbedeutung der historischen Architektur aus unterschiedlichen narrativen Blickwinkeln im räumlichen Kontext nahe gebracht. Der auditive Spaziergang steht seit Dezember 2020 kostenlos für Android und iPhone zur Verfügung.

Ebenso wurde für die lebendige Tradition der Köhlerei eine Umsetzung an der digital-analogen Schnittstelle realisiert:

Der analog-digitale Modellmeiler: Für die Köhlerei wurde ein mehrstufiges digitales Modell eines Kohlemeilers zur Erklärung am Desktop entwickelt, welches gleichzeitig als Bausatz für didaktische Zwecke mit Anleitung zum Nachbauen zur Verfügung steht. So lässt sich der Prozess der traditionellen Holzkohlegewinnung einerseits audio-visuell am Desktop nachvollziehen und andererseits im analogen Nachbau physisch und multimodal erfahrbar machen.

Modell des Ablaufs einer Projektentwicklung
für die erzählerische Vermittlung von Kulturerbe

Dieses Modell wendet sich an kulturverantwortliche Institutionen und touristische Anbieter, welche Kulturerbe erzählerisch aufbereiten und mit Hilfe von mobilen Technologien vermitteln möchten. Aufbauend auf den eigenen Werten, Themen und Inhalten und unter Einbezug von örtlichen Gegebenheiten zeigt es, wie Grundlagen für ortsbezogene Erzählungen entwickelt werden und dient dabei als einfache Entscheidungshilfe. Wie viele Modelle ist dieses idealtypisch und nur bedingt als Handlungsanweisung zu verstehen.

(Für eine detailliertere Ansicht – die Grafik anklicken).

PROJEKTPARTNER UND BETEILIGTE

Nachfolgend aufgeführt sind sämtliche im Projekt involvierten Institutionen und beteiligten Personen.

Das Bundesamt für Kultur (BAK) unterstützte im Rahmen des Wettbewerb «Kulturerbe für alle» das Projekt mit CHF 164’000.
Ansprechperson: Nina Mekacher, Eidgenössisches Departement des Innern EDI, Bundesamt für Kultur BAK, Bern

Hochschule Luzern
Für die Umsetzung des Projekts zeigte sich das Team aus Mitarbeitenden der Forschungsgruppe Visual Narrative verantwortlich. Unterstützt wurden sie von Studierenden aus dem MA Design, Bachelor-Studierenden aus Animation und Illustration, sowie von Mitarbeitenden aus Marketing & Kommunikation.
Yasemen Büyükberber, Design & Kunst
Jürgen Buchinger, Design & Kunst
Samuel Frei, Design & Kunst
Robert Müller, Design & Kunst
Tobias Matter, Design & Kunst
Christian Schnellmann, Design & Kunst
Axel Vogelsang, Design & Kunst
Kimberley Kent, Marketing & Kommunikation
Martin Zimmermann, Marketing & Kommunikation
Studierende der Hochschule Luzern – Design & Kunst:
Markus Eberhard, Monika Ernst, Julie Mader, Natalie Neff und Pauline Tomkowitz

Historisches Museum Luzern
Die Erzählszenarien der ARE-App (Teilprojekt Löwendenkmal) beruhen auf der Theatertour «Vive la révolution» des Historischen Museums Luzern, welche für das Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Team des Museums im augmentierten Raum neu inszeniert wurde.
Sibylle Gerber, Kuratorin
Walti Mathis, Vizedirektor, Leitung Vermittlung
Maris Sigrist, wiss. Assistenz
Kim Emanuel Stadelmann, Schauspiel

Denkmalpflege Luzern
Im Rahmen des Teilprojekts «Augmented Memories» wurde in Kooperation mit der Denkmalpflege Luzern ein Ansatz entwickelt, wie man Quartierführung zu historischen Bauten mit Fokus auf ein jüngeres Publikum mittels AR-Erlebnissen ergänzen und erweitern kann.
Cony Grünenfelder, Kantonale Denkmalpflegerin
Mathias Steinmann, Leiter Bauinventar Gebietsdenkmalpfleger

Projektgruppe L21
Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Löwendenkmals hat die Kunsthalle Luzern das Mehrjahresprojekt «Projekt L21» gestartet: von 2017 bis 2021 setzen sich Kunst- und Kulturschaffende in Ausstellungen, Theaterproduktionen, Publikationen und elektronischen Medien mit der Geschichte des Monuments auseinander. Die Forschungsgruppe Visual Narrative hatte sich mit der Entwicklung der ARE-App im Rahmen der Ausstellung «Die dunkle Seite des Löwen – The dark side of the lion» an L21 beteiligt. Die Ausstellung war von Oktober bis Dezember 2020 in der Kunsthalle Luzern und die ARE App vor Ort beim Löwendenkmal präsent.
Karin Mairitsch, Projektverantwortliche L21
Michael Sutter, Leiter Kunsthalle Luzern

Expertinnen und Experten (Interviews und Workshops)
Tricia Austin, Central Saint Martins College, London
Walter Fassbind, Musegg-Mauerwart, Luzern
Peter Gautschi, Historiker und Geschichtsdidaktiker, Pädagogische Hochschule Luzern
Beat Gugger, Museologe und Kurator für diverse Institutionen
Matthias Imdorf, Touristiker, Erlebnisplan Luzern
Susanne Kudorfer, Leiterin Kunstvermittlung im Kunstmuseum Liechtenstein
Sebastian Meyer, Biologe, Experte Ökologie Museggmauer, Luzern
Anna Pfeiffer, Kuratorin und Vermittlerin, iART, Basel
Giulia Schiess, Didaktikerin/ Historikerin, Büro für Geschichte Luzern
Duncan Speakman, Komponist, forschender Klangkünstler, Bristol, UK
Valentin Spiess, CEO und Gründer von iART, Basel
Richard Wetzel, Hochschule Luzern – Informatik

Weitere beteiligte Personen
Benjamin Egli, Student, Zürich
Pilar de Maria, Illustratorin, Bern
Patricia Stüblin, Illustratorin, Basel
Christophe Merkle, Filmemacher und VR Spezialist, Bern
Visser Jeroen, Musiker und Sounddesigner, Zürich
Carina Sommer, Künstlerin, Luzern